Hessens Wirtschafts- und Wohnungsbauminister Tarek Al-Wazir hat die Kreativität der Stadt Offenbach zur Entwicklung ihrer Kernstadt gelobt: „Innenstädte haben eine große Bedeutung für die Menschen, sie unterliegen aber einem Strukturwandel, der mutig gestaltet werden will“, sagte der Minister am Donnerstag bei einem Besuch der Offenbacher Innenstadt. „Innenstädte sollen auch Orte der Begegnung sein, der Bewegung und Kommunikation. Das ist eine große Aufgabe, bei der das Land die Kommunen unterstützt.“
Offenbach war Station der Sommertour des Ministers, die in diesem Jahr zu richtungsweisenden Projekten der „Allianz für Wohnen in Hessen“ führt. Darin haben sich rund 20 Verbände und Institutionen zusammengeschlossen, darunter der Hessische Städtetag und der Hessische Industrie- und Handelskammertag. Mit Städtetagsdirektor Stephan Gieseler und Markus Weinbrenner, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Offenbach am Main, traf der Minister am Donnerstag zu einem Erfahrungsaustausch über die Herausforderungen des Wohnungsbaus im Ballungsraum Rhein-Main zusammen.
Dazu zählt die Aufgabe, die früher weitestgehend dem Einkaufen vorbehaltenen Innenstädte attraktiver zu machen, indem sie auch für Wohnen, Kultur und Bildung genutzt werden. Al-Wazir besichtigte in Offenbach die Baustelle des ehemaligen Toys'R'Us-Areals, ein dominanter Gebäudekomplex aus den 1970er Jahren, der nun in Teilen abgerissen, umgebaut und um Wohnungen sowie eine Kita-Erweiterung ergänzt wird. Auch Büros, Gastronomie und Einzelhandelsflächen sind geplant.
Klares Zukunftskonzept
Das Vorhaben ist Teil eines Konzepts für die Innenstadt, das die Stadt Offenbach und der IHK-nahe Verein „Offenbach Offensiv“ im Sommer 2018 in Auftrag gegeben hatten. Dazu zählt auch die „Wetterwerkstatt“, eine Kooperation zwischen der Stadt und dem Deutschen Wetterdienst, die Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Klima- und Wetterphänomene anhand von Mitmach-Experimenten, Filmen und interaktiven Installationen vermittelt.
„Offenbach hat früh erkannt, dass Innenstädte in Zukunft nicht mehr so stark durch den Handel geprägt sein werden, und daraus die richtigen Schlüsse gezogen“, sagte Al-Wazir. „Das Zukunftskonzept Innenstadt gibt die Leitlinien für die künftige Entwicklung.“ Der Minister lobte außerdem die Anstrengungen der Stadt für den Wohnungsbau. Insbesondere im modularen Holz-Hybrid-Wohnungsbau sei Offenbach mit seiner Wohnungsbaugesellschaft GBO Vorreiter.
„Die positive Wahrnehmung und Entwicklung Offenbachs als kreative und spannende Stadt voller Möglichkeiten setzt eine strategische Flächenplanung voraus“, sagte Markus Weinbrenner von der IHK. „Mit dem Masterplan Offenbach und dem daraus abgeleiteten Innenstadtkonzept wurde diese Grundlage gelegt. Wohnraum spielt eine wichtige Rolle in der Innenstadt. Neben Wohnraum sind Einkaufsmöglichkeiten, gastronomisches Angebot, aber auch Kultur zentrale Nutzungen, um die Innenstädte und Ortszentren lebendig und attraktiv für die gesamte Stadtgesellschaft zu machen. Die Innenstadt braucht Anziehungspunkte, ein Besuch sollte spannend sein, damit rückt das Innenstadterlebnis in den Vordergrund.“
Offenbach hat sich zu einem attraktiven Wohnort entwickelt
„Allerdings muss dann auch das Wohnumfeld attraktiver werden“, sagte Stephan Gieseler vom Hessischen Städtetag. „Die öffentlichen Räume sollten grüner und für alle Generationen nutzbar sein. Langfristig ist eine gemischt genutzte Innenstadt robuster gegenüber Veränderungen. Die soziale Infrastruktur, wie Kindertagesstätten oder betreute Wohnangebote, gehört dazu, muss aber für die Kommunen in der Innenstadt finanzierbar sein. Stadtentwicklung und Stadtplanung verlangen heute in zweierlei Hinsicht nach gemeinschaftlichen Prozessen. Dabei müssen zunächst sämtliche Fachplanungen wieder stärker aufeinander abgestimmt werden. Es geht aber auch mit den Einwohnern nur gemeinsam. Stadtentwicklung ist keine alleinige kommunale Aufgabe. Kreative Innenstadtkonzepte müssen gemeinsam mit allen Innenstadtakteuren und der Bürgerschaft entwickelt werden.“
Bau- und Planungsdezernent Paul-Gerhard Weiß sagte: „Offenbach hat sich in den vergangenen Jahren zu einem sehr attraktiven Wohnstandort im Rhein-Main-Gebiet entwickelt. Die Investitionen in den Wohnungsbau sind auch innerhalb der Innenstadt stark gestiegen. In früheren Leerständen und ungenutztem Büroraum leben heute Menschen. Durch den Wandel der Innenstädte, insbesondere durch den Online-Handel, wird das Wohnen eine noch wichtigere Rolle einnehmen. Dabei muss auch bezahlbarer Wohnraum entstehen. Mit dem Zukunftskonzept Innenstadt wollen wir darüber hinaus neue Kultur- und Freizeitangebote etablieren. Vieles ist davon abhängig, dass auch die privaten Eigentümer offen sind für neue Nutzungen. Als Stadt wollen wir mit einer Agentur Mitte diese Bereitschaft fördern. Außerdem investieren wir in die Aufwertung von Straßen und Plätzen, aktuell zum Beispiel am Marktplatz.“
Al-Wazir wies darauf hin, dass Hessen nicht nur den Bau von Wohnungen mit erheblichen Summen fördert, sondern auch die Gestaltung ganzer Quartiere. Aus der Städtebauförderung fließen jährlich über 100 Mio. Euro an hessische Städte und Gemeinden. Die von Bund und Land stammenden Mittel verteilen sich auf unterschiedliche Programme. Ihre Ziele sind die Belebung von Ortskernen, die Anpassung an die Klimaerwärmung und den Bevölkerungswandel, die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Sanierung öffentlicher Sportplätze und -hallen. Im laufenden Jahr liegt die Gesamtsumme bei 107,2 Mio. Euro. Hinzu kommt das neue Förderprogramm „Zukunft Innenstadt“, das für die Stärkung der hessischen Innenstädte bis 2023 bis zu 40 Mio. Euro zur Verfügung stellt.